Viele meinen vielleicht, dass ein guter Vortrag auf der Bühne beginnt. Das ist in der Regel so nicht. Vielmehr ist es so, dass er Tage, Wochen oder Monate vorher beginnt. Und das im Kopf.
Viele Menschen unterliegen dem Glauben: „Ich schreibe den Text – und dann spreche ich ihn einfach.“
Das funktioniert selten. Denn ein Vortrag ist keine Information. Ein guter Vortrag ist Inszenierung. In den vergangenen Jahren hat sich das Blatt nochmal gewendet. Denn mittlerweile sprechen wir sogar von Entertainment.
Er soll Menschen bewegen. Soll motivieren. Ins bewegen bringen. Und um so etwas auf der Bühne auf die Beine zu bringen, braucht es mehr als (nur) Folien.
- Der wichtigste Satz vor jeder Vorbereitung
Bevor du irgendetwas schreibst, brauchst du Klarheit:
Was soll beim Publikum passieren?
Es geht nicht darum „Was will ich sagen?“ Sondern ich muss als Redner in die Richtung denken: „Was sollen die Menschen fühlen, denken und tun – wenn ich fertig bin?“
Dieser Perspektivwechsel verändert alles.
- Andere Struktur
- andere Beispiele
- anderes Tempo
- andere Sprache
Ein Vortrag wird nicht abgehalten. Ein Vortrag wird gewirkt. Da geschieht also eine Menge im Vorfeld bis so etwas auf die Bühne gebracht wird.
- Kenne die Bühne: das Publikum
Jedes Publikum hat eine innere Frage: „Was habe ich davon?“ Du wenn man diese Frage nicht beantwortet, wird die Bühne zum gefährlichen Raum: Man verliert!
Darum sollten sich ganz zu Beginn folgende Fragen gestellt werden:
- Wer sitzt denn da vor mir in den Reihen und Rängen?
- Welche Probleme bringen diese Menschen mit (also mein Zielpublikum)?
- Was wünschen sie sich – da frage ich mich selbst und versuche Antworten zu geben?
- Gibt es Ängste – im Zusammenhang mit meinem Thema?
- Was begeistert sie?
Wenn ich in diese Vorarbeit genügend Zeit investiert habe, dann weiß ich in welche Richtung es geht und welche Geschichte ich erzählen muss.
- Die Dramaturgie: Wie ein Film
Jeder starke Vortrag hat einen Rhythmus – und den können wir uns aus der Geschichte des Films als Hilfe heranziehen:
- Einstieg
- Spannung
- Wendepunkt
- Höhepunkt
- Ausstieg
Das Publikum möchte nicht nur, es muss etwas erleben. Denn wenn ich heute Zeit und Geld investiere, möchte ich auch einen Mehrwert.
Dazu drei Werkzeuge:
Story
Immer wieder mache ich die Erfahrung: Menschen – und nicht nur Kinder – denken in Geschichten, lieben es, auch komplizierte Sachverhalte in nachvollziehbare Gedanken als Story serviert zu bekommen.
Emotionen
Emotionen gehören nun mal zu unserem Leben. Und wenn diese Welt rational, kalt und hart ist: Entführe mich in die Welt der Gefühle. Viele Entscheidungen treffen wir eher emotional – und begründen sie rational.
Überraschung
Ein guter Vortrag muss mindestens einmal den Gedanken erzeugen:
„Aaaahhh, so habe ich das noch nie gesehen. – Interessanter Ansatz!“
- Eine starke Eröffnung
Die ersten 60 Sekunden entscheiden, ob das Publikum bereit ist, dabei zu bleiben.
Bitte nicht starten mit: „Mein Name ist … ich freue mich, dass Sie da sind.“
Das ist nett. Aber nicht stark. Denn es ist Standard.
Stark dagegen ist:
- ein Satz
- ein Bild
- ein Gedanke
- etwas, das packt
Beispiel:
„Heute erzähle ich Ihnen, warum Lampenfieber ein Geschenk ist.“
Du hast sie.
- Die Botschaft: Ein Satz
Jeder Vortrag – egal wie lang – braucht einen Kern:
Eine zentrale Botschaft in einem Satz.
Wenn Zuhörer 24 Stunden nach meinem Vortrag gefragt werden: „Worum ging es?“ – muss jemand antworten können: „Darum.“
Wenn nicht, ist mein Vortrag einer von vielen gewesen.
- Vorbereitung auf der Bühne beginnt im Körper
Sprechen ist körperliche Arbeit. Und diese wesentlichen Punkte wie Atem, Haltung, Energie und Präsenz dürfen niemals unterbewertet werden. Weil sie keine Ordnungspunkte sind, die ich abhake. Sie entscheiden über meine Wirkung.
Vor dem Vortrag:
- atmen
- stehen
- Erdung
- Bewegung
- Stimme warm
Damit werde ich bewusster und spürbarer. Damit glaubwürdig.
- Die Stimme: Ihr Instrument
Die Stimme trägt nun mal den Inhalt meiner Botschaft. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten die ich pointiert einsetzen kann:
- Laut – leise
- langsam – schnell
- hoch – tief
- mit Pausen
Und Modulation der Stimme sollte nicht als Luxus verstanden werden.
Modulation ist mehr. Sie ist Macht.
Oder Pausen. Pausen sind in keinster Weise Momente wo ich ruhig bin. Eine gut gesetzte Pause ist das Sahnehäubchen auf jeder Rede! Eine Pause kann so viel mehr sagen als drei Sätze.
- Proben – aber richtig
Und wenn der Vortrag fertig ist – dann habe ich eine Rohversion. Dann geht es an den zeitäufwändigen Teil der Probe, des Trainings. Wie viele Vereine und Sportler investieren Zeit ins Training? Warum tun sie das? Ein Sportler, der z. B. für die Olympiade trainiert tut das nicht, um dabei zu sein. Nein, er tut es weil er Gold gewinnen will.
Bei der Probe üben viele falsch. Sie reden alles durch, von Anfang bis Ende. Diese Art von Proben ermüdet. Und schafft keine Sicherheit sondern Unsicherheit.
Besser ist immer wieder so vorzugehen:
- Einstieg üben
- Höhepunkte üben
- Übergänge üben
- Schluss üben
Während dem Üben muss man sich Inseln der Sicherheit schaffen.
Dazwischen darf es lebendig sein.
- Vorbereitung auf Nervosität
Immer wieder vor Augen halten: Lampenfieber ist normal.
Lampenfieber ist gut.
Es macht und hält wach. Es macht lebendig. Hält mich geistig fit.
Es zeigt: Das hier ist wichtig.
Zwei Sätze helfen:
„Die Nervosität gehört dazu.“
„Ich habe etwas zu geben.“
Das verändert die Haltung. Hilft mir auch dann
- Am Tag des Vortrags
Da gibt es einiges zu beachten:
Früher da sein. Damit zeige ich Präsenz und werde heimisch.
Raum fühlen – das kann ich nur, wenn ich zeitig am Ort bin und mir mehr und mehr den Raum als Heimat aneigne.
Technik testen. Nichts schlimmer wie vor dem Publikum Sound- und Foliencheck zu machen – das zeugt von Unprofessionalität.
Mikro kennen. Einschalten. Ausschalten. Reinsprechen. Abstände Mund Mikrofon ausprobieren. Die eigene Stimme über eine Anlage hören.
Publikum begrüßen. Das schaffe ich mit einer offenen Haltung und einem ernstgemeinten Lächeln.
Und dann: Atmen. Zwei Schritte vor. Pause. Blick. Lächeln. Und dann wissend starten.
Jetzt beginnt es.
Fazit
Eine gute Vorbereitung ist nicht Bürokratie. Eine gute Vorbereitung ist Respekt:
- Respekt vor der eigenen Botschaft
- Respekt vor dem Publikum
- Respekt vor der Bühne
Wer vorbereitet ist, wirkt. Und keine Angst: Das Publikum merkt den Grad meiner Vorbereitung und wie weit ich im Thema drin bin.
Und es muss nicht immer perfekt. Sein. Es muss menschlich sein. Und präsent.
Schlussgedanke
Der beste Vortrag entsteht nicht durch Perfektion,
sondern durch Absicht:
„Ich bin hier, um etwas zu geben.“
Wenn dieser Satz stimmt, ist jeder im Raum dabei.